Ernährung PCOS

Leichter abnehmen bei PCOS mit Tricks aus der Forschung

schlanker Körper im übergewichtigen Körper

Kennen Sie das auch? Als Patientin mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS) und zugegebenermaßen ein paar Kilos zu viel auf den Hüften, hat Ihnen Ihr Arzt empfohlen abzunehmen. Dabei geht es nicht um eine Geschmacksverirrung in Richtung Bohnenstange, sondern ganz handfest um Ihre Gesundheit. Jedes Kilo weniger bringt Ihr Hormonsystem wieder mehr ins Gleichgewicht und wirkt einer eventuell bereits bestehenden Insulinresistenz und damit der Gefahr eines Diabetes  entgegen. Der Lohn für Ihre Mühe sei außerdem eine ebenmäßigere Haut, mehr Energie im Alltag, schönere Haare. Das Problem: Sie haben eigentlich nichts gegen den Gedanken, ein paar Kilo zu verlieren. Das würden Sie eigentlich sogar ganz gerne. Sehr gerne sogar. Sie haben schon alles versucht, kennen die neuesten Diättrends besser als jeder Hollywood Ernährungs-Guru – die Pfunde sind trotzdem noch da.

Warum ist Abnehmen bei PCOS so schwierig?

Eine neue Untersuchung , die Ende 2018 in einem Fachmagazin für Ernährungswissenschaften veröffentlicht wurde, gibt nun Hinweise, wo das Problem liegen könnte: In der Studie zeigt ein Team von kanadischen Wissenschaftlern nämlich glasklar, was Sie bereits aus langjähriger Erfahrung am eigenen Leib erfahren haben: Ihr Gewichtsproblem lässt sich nicht so einfach darauf zurückführen, dass Sie zu viel essen, oder sich zu wenig bewegen – deswegen klappt es mit den normalen Diätmethoden auch nicht besonders gut. Dass die Gewichtsabnahme für PCOS-Patientinnen so besonders schwierig ist, liegt der Untersuchung zufolge vor allem an anderen Gründen, die in normalen Ernährungsratgebern meist kaum Beachtung finden.

Was zeigt die Forschung?

Die Forscher verglichen in der Untersuchung das Essverhalten von übergewichtigen Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS) mit dem von Frauen ohne Übergewicht und PCOS. Die Ergebnisse deckten sich dabei überhaupt nicht mit dem, was die meisten von uns (und oft besonders unser – sicher wohlmeinendes – Umfeld) zu wissen glauben: Weder nahmen die PCOS-Patientinnen mehr Kalorien zu sich, noch bewegten sie sich weniger als die Frauen ohne PCOS aus der Vergleichsgruppe. Spannend, fanden die Forscher, und schauten nochmals genauer hin auf der Suche nach Unterschieden. Fündig wurden sie, als sie den Ballaststoffanteil in der Nahrung verglichen: Frauen mit PCOS verzehrten nämlich deutlich weniger Ballaststoffe als Frauen aus der Vergleichsgruppe. Auch nahmen sie signifikant weniger Magnesium zu sich. Interessant: Eine weitere Untersuchung aus 2016 hatte bereits zuvor gezeigt, dass auch der Mikronährstoff Carnitin bei PCOS-Patientinnen oft weniger vorhanden ist als bei gesunden Vergleichspersonen.

Abnehmformel für PCOS Patientinnen

Toll ist an diesen Ergebnissen, dass Patientinnen mit PCOS sie ganz praktisch im Alltag für sich nutzen können: Statt sich mit irgendwelchen Diäten zu kasteien, sollte das Ziel vielmehr darin liegen, die wissenschaftlich gezeigten Probleme in drei Schritten anzugehen: Stellen Sie Ihre Ernährung um auf eine vollwertige Ernährungsweise, erhöhen Sie den Ballaststoffanteil in Ihrer Nahrung und bringen Sie Ihren Vitalstoffhaushalt wieder ins Gleichgewicht.

So geht’s – vollwertige Ernährung

Eine gesunde Ernährung bei polyzystischem Ovarsyndrom ist ausgewogen, abwechslungsreich und vollwertig. Sie soll nicht nur gut schmecken, sondern den Körper auch angemessen mit wichtigen Energielieferanten, Bausteinen, sowie Vitaminen und Mineralstoffen versorgen. Die Ernährung bei PCOS basiert in ihren Grundlagen auf der sogenannten Ernährungspyramide, wobei keine industriell verarbeiteten Lebensmittel eingesetzt werden. Lebensmittel sollten möglichst aus biologischer Landwirtschaft stammen, vollreif geerntet sein und keine langen Wege hinter sich haben (bevorzugte Auswahl regionaler und saisonaler Produkte). Ein wichtiger Schwerpunkt liegt zudem in der Vermeidung von Blutzuckerspitzen und der Wiederherstellung eines ausgeglichenen Fettstoffwechsels (Stichwort gesunde Fette). Wertvolle Mikronährstoffe sollten dem Körper reichlich geliefert werden, sodass der Stoffwechsel wieder reibungslos ablaufen kann.

Mehr Ballaststoffe

Ballaststoffe wurden früher für unnötigen Ballast gehalten, daher auch ihr Name, der leider mehr als irreführend ist. Denn, das wissen wir heute, Ballaststoffe aus Getreide, Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse zeigen neben ihrer regulierenden Wirkung auf die Verdauungstätigkeit, das Sättigungsgefühl und den Blutzuckerspiegel auch positive Effekte auf die Darmgesundheit. Neueren Erkenntnissen zufolge sind sie zudem wichtig für das Herz-Kreislauf-System und können sogar Entzündungszustände im Körper sanft abmildern. Für PCOS-Patientinnen sind sie gleich aus mehreren gesundheitlichen Gründen vorteilhaft und können gleichzeitig Bemühungen um ein gesundes Körpergewicht wirksam unterstützen. Statt also zukünftig nur auf den Kalorien- und Kohlenhydratgehalt zu achten, macht es Sinn, vielmehr insgesamt eine Umstellung auf eine vollwertige und abwechslungsreiche Ernährungsweise anzustreben und dabei besonders darauf zu achten, bewusst mehr Ballaststoffe in die tägliche Ernährung zu integrieren. Ganz einfach und wie nebenbei gelingt es mit diesen Tipps:

Ersetzen Sie möglichst oft Weißmehl- durch Vollkornprodukte. Wählen Sie Vollkornbrot statt hellem Brot, Vollkornnudeln statt hellen, braunen Reis statt weißem, usw. Weiter fördern können Sie den Ballaststoffanteil Ihrer Nahrung, indem Sie ein bisschen Haferkleie über Ihren Joghurt streuen. Auch Leinsamen sind toll und punkten zusätzlich durch ihren Gehalt an gesunden Fetten.


Tipp: Damit Ballaststoffe ihre positiven Wirkungen voll entfalten können, ist ausreichendes Trinken (min. 1,5 l pro Tag) besonders wichtig!

Weitere gute Ballaststofflieferanten sind auch Hülsenfrüchte aller Art. Ich persönlich mische zum Beispiel gerne rote Linsen unter viele Mahlzeiten – meiner Familie fällt das meist gar nicht auf. Einfach ein paar rote Linsen in der Bolognese Soße mitkochen, unter den (braunen) Reis mischen, usw – sieht auch gleich noch super aus durch die schöne Farbe.

Vitalstoffhaushalt ins Gleichgewicht bringen

Wie oben gezeigt, gilt es gerade bei PCOS für einen ausgeglichenen Vitalstoffhaushalt auf die angemessene Versorgung mit wertvollen Vitaminen, Mineralien und weiteren Mikronährstoffen zu achten. Dazu gehört eine regelmäßige Überprüfung Ihres Vitamin D Spiegels ebenso wie der reichliche Verzehr von Gemüse und Obst. Bei einer angestrebten Gewichtsabnahme offenbar besonders wichtig: Bringen Sie Ihre Versorgung mit Magnesium und Carnitin auf Vordermann.

Magnesium

Bei Magnesium handelt es sich um einen lebenswichtigen Mineralstoff, den Sie mit der Nahrung aufnehmen müssen.

Es wird täglich für die Funktion Ihrer Muskeln und Ihres Nervensystems benötigt, ist am Aufbau von Knochen und Zähnen beteiligt, spielt auch eine Rolle im Kohlenhydratstoffwechsel uvm.

Der tägliche Magnesiumbedarf unterscheidet sich je nach Altersgruppe und Geschlecht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Frauen über 25 eine tägliche Aufnahme von 300 Milligramm. Schwangere und stillende Frauen benötigen noch etwas mehr.

Es gibt zahlreiche natürliche Magnesiumquellen, die man in den täglichen Ernährungsplan einbauen kann. Mineralwasser ist eine der besten. Achten Sie darauf, dass mindestens 50 Milligramm pro Liter enthalten sind. Auch Vollkorngetreide, Nüsse und Hülsenfrüchte sind sehr gute Magnesiumlieferanten.

Grundsätzlich gilt: Je natürlicher das Lebensmittel, desto höher ist am Ende der Mineralstoffgehalt. Sprich: Stark verarbeitete Produkte, wie Fertigprodukte, enthalten häufig nur noch wenig Magnesium.

Geheimwaffe Carnitin

Bei Gewichtsproblemen und PCOS gibt es noch einen zusätzlichen Helfer zur Unterstützung der Ernährungsumstellung, das Carnitin. Dabei handelt es sich um eine natürlicherweise im Körper vorkommende Verbindung der Eiweißbausteine Lysin und Methionin, die besonders für den  Energiestoffwechsel der Zellen von Bedeutung ist.

Patientinnen mit polyzystischem Ovarsyndrom haben häufig deutlich niedrigere Carnitin-Spiegel als gesunde Frauen. Dies gilt übrigens sowohl für übergewichtige, als auch für normalgewichtige PCOS-Patientinnen. Eine gute Carnitin-Zufuhr kann Untersuchungen zufolge hilfreich sein, um Abnehmprogramme zu unterstützen und Insulinwerte zu normalisieren.

1 bis 3 Gramm L-Carnitin sollten Sie täglich über die Nahrung aufnehmen. Pflanzliche Produkte weisen in der Regel einen niedrigen Carnitin-Anteil auf. Geringe Mengen befinden sich in Nudeln, Brokkoli und Kartoffeln. Zu den Nahrungsmitteln mit einem hohen L-Carnitin-Gehalt zählen hingegen Fleisch, Fisch und Milchprodukte.

Wer sich unsicher ist, kann begleitend zu einer Ernährungsumstellung natürlich auch auf spezielle Nahrungsergänzung zurückgreifen, die bereits alle Vitalstoffe in einer auf die besonderen Bedürfnisse bei PCOS zugeschnittenen Kombination enthalten.

Dr B. Wogatzky

Geheimtipp Intervallfasten

Eine weitere Methode zur erfolgreichen Gewichtsreduktion bei PCOS ist das Intervallfasten. Studien zeigen, dass Frauen, die 8/16 Intervallfasten machen (dabei essen sie nur während acht Stunden (z. B. zwischen 8 und 16 Uhr oder nur zwischen 11 und 19 Uhr) mit 16 Stunden Fasten pro Tag), bereits nach 6 Wochen deutliche Erfolge erzielen können: Die Patientinnen verloren nicht nur erheblich an Gewicht, sondern hatten auch einen verbesserten Hormonhaushalt und Stoffwechsel.

Einfache Kohlenhydrate meiden

Ein ausgeglichener Blutzuckerspiegel hilft, Heißhungerattacken zu reduzieren. Vermeiden Sie einfache Kohlenhydrate, ziehen Sie Vollkornprodukte dem Weißmehl vor und kombinieren Sie Kohlenhydrate mit Proteinen und Fetten, um mögliche Blutzuckerspitzen zu reduzieren. Wenn Sie zum Beispiel unbedingt etwas Süßes essen möchten, tun Sie dies nach einer normalen Mahlzeit. Auf diese Weise werden Süßigkeiten und gesunde Lebensmittel gemeinsam verdaut, was die Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel mildert.

Referenzen

Afshar Ebrahimi F et al. , The Effects of Magnesium and Zinc Co-Supplementation on Biomarkers of Inflammation and Oxidative Stress, and Gene Expression Related to Inflammation in Polycystic Ovary Syndrome: a Randomized Controlled Clinical Trial. Biol Trace Elem Res. 2018 Aug;184(2):300-307. doi: 10.1007/s12011-017-1198-5. Epub 2017 Nov 10.

Celik F et al.  Plasma L-carnitine levels of obese and non-obese polycystic ovary syndrome patients. J Obstet Gynaecol. 2017 May;37(4):476-479.

Cutler DA et al. Low intakes of dietary fiber and magnesium are associated with insulin resistance and hyperandrogenism in polycystic ovary syndrome: A cohort study. Food Sci Nutr. 2019 Feb 27;7(4):1426-1437. doi: 10.1002/fsn3.977. eCollection 2019 Apr.

Fenkci SM et al. Serum total L-carnitine levels in non-obese women with polycystic ovary syndrome. Hum Reprod. 2008 Jul;23(7):1602-6.

Feyzioglu BS, Güven CM, Avul Z. Eight-Hour Time-Restricted Feeding: A Strong Candidate Diet Protocol for First-Line Therapy in Polycystic Ovary Syndrome. Nutrients. 2023 May 10;15(10):2260. doi: 10.3390/nu15102260. PMID: 37242145; PMCID: PMC10223292.

Ismail AM et al. Adding L-carnitine to clomiphene resistant PCOS women improves the quality of ovulation and the pregnancy rate. A randomized clinical trial. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2014 Sep;180:148-52.

Mooren FC. Magnesium and disturbances in carbohydrate metabolism. Diabetes Obes Metab. 2015 Sep;17(9):813-23. doi: 10.1111/dom.12492. Epub 2015 Jun 23.

Samimi M et al. Oral carnitine supplementation reduces body weight and insulin resistance in women with polycystic ovary syndrome: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Clin Endocrinol (Oxf). 2016 Jun;84(6):851-7.

Volpe SL. Magnesium, the metabolic syndrome, insulin resistance, and type 2 diabetes mellitus. Crit Rev Food Sci Nutr. 2008 Mar;48(3):293-300. doi: 10.1080/10408390701326235.

Über den Autor

Dr. rer. nat. Birgit Wogatzky

Die Diplom-Biologin und Ernährungsexperting Dr. rer. nat. Birgit Wogatzky befasst sich seit vielen Jahren mit den Bedürfnissen von Kinderwunschpaaren. Für den „fruchtbarkeit-blog“ berichtet sie immer wieder in allgemein verständlicher Weise von aktuellen Forschungserkenntnissen rund um das Thema „Lifestyle und Ernährung bei Kinderwunsch.

5 Kommentare

  • Danke für den Artikel. Ich weiß seit dem Kind erwünscht vor 6 Jahren, dass ich pco habe. Das erklärt endlich vieles, was mich seit der Pubertät beschäftigt: gewichtsprobleme, unregelmäßige periode etc. Mittlerweile hab ich 2 Kinder (hat sogar auf natürlichem Wege geklappt) und für meine Frauenärztin ist das Thema pco deshalb abgeschlossen. Die Symptome sind aber geblieben und deshalb will ich mich weiter mit dem Thema beschäftigen. Ich habe bisher viel Zeit in diäten investiert und so mein Gewicht einigermaßen gehalten. Dieser Artikel gibt mir Hoffnung, dass es auch anders geht.
    Liebe Grüße
    Julia

    • Liebe Julia,
      vielen Dank für Dein Feedback. Mit dieser Situation bist Du nicht alleine und es ist super, dass Du Dich weiter damit auseinander setzt. Die angesprochenen Punkte helfen oft nicht nur mit dem Gewicht, sondern vor allem auch mit dem Wohlbefinden insgesamt. Besonders vorteilhaft ist, dass die Anwendung der Hinweise weder viel Zeit noch Geld kostet und vor allem auch keine unerwünschten Nebenwirkungen hat (wie das ja bei medikamentösen Therapien leider oft der Fall ist). Ich wünsche viel Erfolg bei der praktischen Umsetzung!
      Mit herzlichen Grüßen
      Birgit

    • Liebe Julia,
      vielen Dank für Dein nettes Feedback! Mit dieser Situation bist Du nicht alleine und es ist super, dass Du Dich weiter damit auseinander setzt. Die angesprochenen Punkte helfen oft nicht nur mit dem Gewicht, sondern vor allem auch mit dem Wohlbefinden insgesamt. Besonders vorteilhaft ist, dass die Anwendung der Hinweise weder viel Zeit noch Geld kostet und vor allem auch keine unerwünschten Nebenwirkungen hat (wie das ja bei medikamentösen Therapien leider oft der Fall ist). Ich wünsche viel Erfolg bei der praktischen Umsetzung!
      Mit herzlichen Grüßen
      Birgit

  • Danke für die ganzen Tipps! Ich war im November das erste Mal in der Imi Kinderwunschklinik Wien. Dort wurde dann nach einigen Tests auch PCOS diagnostiziert. Ich versuche seit 3 Jahren mit meinen Mann zusammen ein Kind zu bekommen. Auf der einen Seite war die Diagnose ein Schock, da tatsächlich etwas mit mir nicht stimmte. Auf der anderen Seite ist es schön, nun endlich einen Grund zu haben, warum es nicht klappt und daran arbeiten zu können. Ich bekomme eine Hormontherapie. Soll aber auch so gut es geht eben abnehmen und habe Ernährungstipps bekommen. Natürlich muss ich mich auch mehr bewegen. Dieser Artikel hat mich noch mehr motiviert und mir viel Wichtiges zur Ernährung nochmal in Erinnerung gerufen. Dankeschön! 🙂

    Conny

Hinterlassen Sie einen Kommentar